Für die Jury war sie ohnehin auf der Abschußliste, und tatsächlich musste Steffi Landerer bereits zum Ende der ersten Mottoshow die DSDS-Bühne verlassen. Dass die Entscheidungen der Zuschauer rein gar nichts mit gesanglichen Fähigkeiten zu tun haben, belegen auch in dieser Staffel erneut andere Teilnehmer mehr als deutlich. Was also waren die Gründe für das frühe Ausscheiden der blonden Einser-Abiturientin?
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Wenn bei DSDS ein Kandidat ausscheidet, heißt das vor allem eines: Die Show braucht ihn nicht mehr. Mit immer wieder gern unterstellter Manipulation hat das reichlich wenig zu tun, denn bei Deutschlands beliebtester Casting-Show regiert das Gesetz der natürlichen Selektion, und die Formel ist einfach: Wer für die Quote verzichtbar ist, muss gehen, denn für wen nicht angerufen wird, der hat auch niemanden hinter sich stehen, der seinen Fernseher am Samstagabend wochenlang exklusiv für RTL reserviert. In der ersten Mottoshow bereits fiel dieser Regel die zuvor ausführlich in der Boulevard-Presse abgefrühstückte Steffi Landerer zum Opfer.
Fair geht anders, aber wen schert das schon? Von der ersten Casting-Woche an war Steffi als eines der wesentlichen Zugpferde der aktuellen Staffel ausgeschlachtet worden. Frühzeitig hatte die Bild-Zeitung sie zur Nachfolgerin von Annemarie Eilfeld erklärt und das mit denkbar oberflächlichen und damit auch wenig entscheidenden Argumenten begründet. Denn: beide Mädchen sind blond, sexy und kommen aus dem Osten.
Im Grunde war Steffis Schicksal bei DSDS damit schon besiegelt, denn weder Haarfarbe noch zeigefreudige Fotos waren jemals der Grund für den relativ lang anhaltenden Zuspruch, den Annemarie von den anrufenden Fans bekommen hatte. Die Vorjahresteilnehmerin, nach der (wie nicht anders zu erwarten war) heute selbstredend kein Hahn mehr kräht, hatte mit beidem zwar frühe Aufmerksamkeit erregt und sich einen Stammplatz in besagtem Printmedium gesichert, für mehr als ein bis zwei Mottoshows hätte das alleine aber kaum gereicht.
Annemaries Erfolg beruhte in erster Linie auf dem Unfrieden, den sie in der Gruppe stiftete. Angefeuert von ihren arg ehrgeizigen Eltern, gelang es ihr, sich auf diese Weise geschickt zwischen Opferlamm und „Blondem Gift“ vorwärts zu manövrieren. RTL konnte das nur gut finden und bot ihr deshalb ausreichend Raum, denn die Kontroversen dienten der Quote. Wie die später veröffentlichten Anrufzahlen zeigten, gab es lange Zeit keine allzu eindeutigen Favoriten, und so musste anderweitig für gleichbleibend hohe Zuschauerzahlen gesorgt werden. Annemarie bot dafür den idealen Ansatz.
All das hat mit Steffi rein gar nichts zu tun, denn die 19-Jährige ist eigentlich ein liebes Mädchen, das ein bisschen arg viel mit ihrem Aussehen kokettiert und unter der Überschrift „Sex sells“ irrigerweise einem überaus kurzsichtigen Credo für Marketing-Analphabeten auf den Leim gegangen ist. „Sex sells“ – das stimmt vielleicht auf Tuning-Messen, bei DSDS ist es jedoch Unsinn. Denn auf welche Zeilgruppe sollte das zutreffen? Pubertierende Jungs und ältere Herren? Sicher, aber rufen die auch an? Sicher nicht.
Das Zielpublikum von DSDS, und zwar dasjenige, das auch tatsächlich zum Hörer greift und sein Geld dem Sender in den Rachen schmeißt, um x-fach für seinen Favoriten anzurufen, besteht (unabhängig von der Handvoll Fans im Saal, die sich aus Verwandten und Freunden rekrutieren) in erster Linie aus weiblichen Teenagern und Frauen mittleren Alters. Vor diesem Hintergrund muss es kaum wundern, dass mit einer einzigen Ausnahme bisher ausschließlich männliche Teilnehmer gewonnen haben und in dieser Staffel bereits jetzt nur noch zwei Frauen übrig sind.
Die flippige Kim bietet den jungen Mädchen mit ihrer ausufernden Schminkobsession und wilder Klamottenwahl eine Identifikationsfigur, und die alleinerziehende Ines spricht vor allem Zuschauerinnen über 30 an, die sich in einer ähnlichen Lage befinden und gerne vermeintlich starke Frauen (ohne Mann) unterstützen. So klischeehaft das klingt, so wahr ist es vermutlich auch.
Steffi bietet beiden Gruppen nichts von alledem. Ganz im Gegenteil. Hübsch und von Natur aus mit begehrten Proportionen bedacht, zudem intelligent genug, um ein 1er-Abitur abzuliefern und ausserdem offenbar aus gut betuchtem Elternhaus, bietet sie vor allem Grund für Missgunst und Neid. Steffi taugt jungen Zuschauerinnen in keinster Weise zur Identifikation oder auch nur Sympathieträger, denn sie ist und hat alles, was die Mehrheit dieser Zielgruppe genau nicht vorweisen kann. Nicht besser ist die Lage beim erwachsenen Publikum, denn für dieses ist Steffi mit all den Chancen und Zukunftaussichten gesegnet, die man selber nie hatte. Für so jemanden ruft man nicht an.
Auch RTL braucht Steffi nicht mehr, denn die Hauptquote generieren längst die männlichen Teilnehmer. Warum also weiter fördern? Und während die Jury den unsäglich schlechten Auftritten von Marcel und Manuel (gruselig einstudierte Bewegungsmuster und ebenso lebloser wie schräger Gesang) jede Menge Positives abgewinnen konnte, hatte sie für Steffi, die keineswegs schlechter war, nur Schelte übrig. Man sollte nichts unterstellen, aber wundern darf einen das schon.
Steffi selbst und ihr Umfeld haben das Prinzip DSDS selbstredend nicht verstanden, aber das kann man auch nicht erwarten. Von professioneller Seite aus hätte man ihr jedoch besser raten können und müssen. Verwandte und Freunde, die sich auf ihren T-Shirts ernsthaft zu „Steffis Busenfreunden“ erklären (vielleicht auch ein leidlich lustiger Einfall der RTL-Redaktion?), haben mit Sicherheit gut dazu beigetragen, dass ihrem Schützling die Felle weggeschwommen sind. Würde man im Gegenzug von männlichen Zuschauern positiven Zuspruch für jemanden erwarten können, der ständig auf die überdurchschnitliche Größe seines Genitals hinweist? Wohl kaum.
Im Grunde ist es schade um Steffi, denn sie hat der Show eine farbige Note gegeben, die jetzt fehlt. Auch wäre es interessant gewesen zu sehen, wie sie sich auf anderem musikalischen Gebiet geschlagen hätte. DSDS ist mit ihrem Ausscheiden eintöniger und vorhersehbarer geworden. Man kann nur hoffen, dass sie einer möglichen Anfrage einschlägiger Herrenmagazine (entgegen eigener Aussage) eine klare Abfuhr erteilt. Denn als Fantasievorlage für alleinstehende Mittfünfziger zu enden, das hat sie beim besten Willen nicht verdient.