Von 120 auf 35. Was wie eine Vollbremsung auf der Autobahn klingt, ist tatsächlich das Rechenmodell hinter dem ersten Recall von DSDS. Am Schluß durften die verbliebenen Kandidaten auf Senderkosten in die Karibik fliegen, wo dann weiter ausgesiebt wird. Inhaltlich macht das zwar keinen Sinn, doch bei RTL zählen da wohl vor allem die Schauwerte.
Wer wissen will, wie man mit gezielter Montagearbeit im Fernsehen aus einer gähnend langweiligen Veranstaltung ein leidlich skandalträchtiges Programm basteln kann, war beim DSDS-Recall vom 30. Januar gut aufgehoben. Neben der üblichen Dramatisierung durch künstliche Pausen, plakative Musikuntermalung und Jury-Kommentare, die mit einem Paukenschlag pointiert werden, bevor sie sich dann doch meistens in Luft auflösen, wurden drei bis vier misslungene Probenkonstellationen so intensiv ausgeschlachtet, dass man meinen konnte, die ganze Sache sei doch tatsächlich eine ernste Angelegenheit.
Dass nach mittlerweile 6 Staffeln immer noch jemand glaubt, die RTL-Castingshow könne wirklich den Weg zur ganz großen Gesangskarriere bahnen, gehört zu den absurdesten Elementen von „Deutschland sucht den Superstar“. Mehr als eine Weile lang durch die Lande zu tingeln und ein paar tausend Fans abzugrasen, ist bisher keinem der Gewinner geblieben. Charterfolge kann nur Mark Medlock vorweisen, dem Chefjuror Dieter Bohlen jährlich ein bis zwei gleich klingende Sommerhits zurechtkomponiert. Ist es wirklich das, mag man sich fragen, was all die Abertausend Bewerber wollen, oder liegt da einfach nur grenzenloser Realitätsverlust vor?
Wie auch immer, der Sender reibt sich die Hände, denn die Quote stimmt. Und damit auch klar ist, wohin die Reise dieses Jahr geht, gibt Jurypräsident Bohlen gleich zu Beginn des Recalls mal vor, auf welches Niveau man sich am besten begeben sollte: „Wer dicke Titten hat, soll die Dinger auch rausholen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Das lassen sich einige der weiblichen Teilnehmerinnen nicht zweimal sagen. Für den Zuschauer hingegen ist das lediglich ein Vorgeschmack auf die Fleischbeschau, zu der DSDS in der nächsten Folge endgültig degeneriert, indem man sich mit einem Trip in die Karibik vorübergehend in die Gefilde des Pro7-„Sommermädchens“ begibt.
Und so ist dieser Recall nicht mehr als eine leidlich unterhaltsame Übergangsfolge. Auffällig ist, wie unwichtig diesmal das Gesangstalent der meisten Teilnehmer zu sein scheint. Verpatzte Auftritte, verpasste Töne, vergessene Texte – alles egal, solange man sich einen langfristigen Unterhaltungswert verspricht.
„Checker“ Thomas kann keinen Meter singen, seinen Text muss er ablesen, weiter ist er trotzdem. Meike schafft kaum ein Dutzend Takte, kommt aber durch. Angeliki präsentiert sich rückenfrei und lenkt damit erfolgreich von ihren gerade mal durchschnittlichen Gesangsfähigkeiten ab. Jurymitglied und Musikmanager Volker Neumüller (der für seinen Schützling Daniel Schuhmacher nicht gerade eine Glanzleistung vollbracht hat) findet eben, wer sein Hinterteil auf dem Jurorentisch vorführt, der darf auch weiter. Na klar.
Immerhin: Bettelkönig Malcolm nervt so immens mit Textaussetzern und Misstönen, dass er wieder nach Hause gehen muss. Gibt es also doch noch Hoffnung, aus DSDS werde eine echte Talentsuche? Klare Sache: Nein.
Weiter geht es am 3. Februar. Pack die Badehose ein.