Wenn Privatsender besonders drastische Horrorfilme der jüngeren Vergangenheit senden, sollte man mit dem Schlimmsten rechnen – allerdings weniger hinsichtlich dessen, was es zu sehen gibt, als vielmehr in Bezug auf dasjenige, was dem Zuschauer vorenthalten wird. Um den US-Schocker „The Hills have Eyes“ vor 23 Uhr ausstrahlen zu können, musste RTL jetzt offensichtlich so exzessiv kürzen, dass ganze Handlungselemente nahezu unverständlich blieben.
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Für die Ausstrahlung von Kinofilmen im TV gibt es hierzulande klare Regeln. Die Altersfreigaben der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) bilden die Grundlage für die Festlegung der jeweiligen Sendezeit. Ein Film, der erst ab 16 Jahren freigegeben ist, darf nicht vor 22 Uhr gesendet werden. Hat er hingegen gar keine Jugendfreigabe (FSK18), gehört er nicht vor 23 Uhr ins Programm. Diese Regelung hat ihren guten Sinn, und eine ständige Vorabkontrolle durch die Landesmedienanstalten garantiert die Einhaltung.
Will ein Sender nun einen Film zu einem früheren Zeitpunkt ausstrahlen, als es die jeweilige Jugendfreigabe erlaubt, muss er bestimmte Schnittvorgaben einhalten. Auch dies wird sinnvoller Weise wiederum kontrolliert. Sogar indizierte Filme können den Weg auf den TV-Bildschirm schaffen, wenn eine bearbeitete Fassung erstellt wird, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) als „nicht mehr inhaltsgleich“ bewertet wird. Vorschriften wie Verfahren sind durchweg begrüßenswert und haben mit Zensur nichts zu tun.
Das Problem liegt hingegen bei den Sendern, und hier können sich die Privaten ganz alleine den schwarzen Peter in die Tasche stecken. Der Umgang mit eingekauften Spielfilmen, die keine quotenfreundliche FSK-Freigabe erhalten haben, läuft nicht selten darauf hinaus, dass man sich zwischen den beiden Alternativen von späterem Sendezeitpunkt oder Erfüllung der Schnittvorgaben zumeist für die letztere Variante entscheidet. Der jeweilige Film kann früher gesendet werden, die Zuschauerzahlen sind höher und die Werbeeinnahmen demzufolge lukrativer.
Der einzige, der dabei auf der Strecke bleibt, ist der Zuschauer. Jüngstes Beispiel vom 9. August: RTL strahlt am Samstagabend um 22.25 Uhr das nicht gerade blutarme Remake von Wes Cravens Horrorklassiker „The Hills have Eyes“ aus. Für Kenner der Kino- oder DVD-Fassung ein Unding, und ein Blick in die Programmzeitschrift belegt den Verdacht – auf 89 Minuten hat der Kölner Sender den Schocker heruntergekürzt. Im Vergleich zur deutschen Leinwandauswertung muss der Fernsehzuschauer damit auf ganze 18 Minuten verzichten.
Dass dabei neben den – seitens der FSK berechtigterweise beanstandeten – Gewaltdarstellungen zwangsweise auch entscheidende Handlungselemente verloren gehen, ist die Hauptschwierigkeit dieses Falls. Manches muss sich das Publikum selber zusammenreimen, anderes lernt es gar nicht erst kennen. Es drängt sich die Frage auf, welchen Sinn eine solche Ausstrahlungspraxis eigentlich hat, und wie ernst der Zuschauer da noch genommen wird. – Völlig absurd erscheint in diesem Zusammenhang übrigens die Tatsache, dass RTL im Anschluss die Fortsetzung des Films in der ungekürzten FSK18-Kinofassung ausstrahlte.
Sinnvollerweise ließe sich vielleicht über eine freiwillige Verpflichtung der Sender nachdenken, der gemäß in solchen Fällen eine Infotafel vorangestellt wird, die darauf hinweist, um wie viele Minuten der betreffende Film im Vergleich zur Kino- oder DVD-Auswertung gekürzt ist. Dass sich darauf jedoch vermutlich weder RTL noch sonst irgendein Vertreter der Privaten einlassen würde, steht auf einem anderen Blatt.